Wie weit gelten die Gebote der Bibel für uns?
Dr. Christian Stettler, reformierter Pfarrer in Flaach bei Zürich und Professor für Neues Testament an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule in Basel, zeigt in einem zweiteiligen Beitrag, dass es klare Kriterien gibt dafür, welche Gebote der Bibel heute noch gelten. Prof. Stettler ist auch Mitglied unseres Netzwerks Bibel und Bekenntnis. Wir übernehmen den Beitrag mit seiner freundlichen Genehmigung einer digitalen Veröffentlichung der Evangelisch-kirchlichen Vereinigung des Kantons Zürich.
In der Einführung zu dem Beitrag heißt es: „Viele sind der Ansicht, dass für die heutige Kirche die Gebote der Bibel nur noch sehr eingeschränkt gelten, wenn überhaupt. Die Begründungen sind unterschiedlich: Nicht Regeln und Gebote seien für Christen entscheidend, sondern die Liebe. Christen stünden nicht mehr unter dem Gesetz, sage das Neue Testament. Aber auch von unserem heutigen Erkenntnisfortschritt her seien viele biblische Gebote veraltet. Der Schöpferwille Gottes werde in der Wirklichkeit der Schöpfung und ihrer Lebensformen deutlich, wie wir sie heute verstehen, und nicht in den zeitbedingten Vorstellungen der Bibel.“
Prof. Stettler schreibt: „Was der Schöpferwille Gottes ist, können wir nicht einfach aus dem ableiten, was die Mehrheit oder die Lautesten in unserer Gesellschaft als richtig ansehen, und auch nicht aus der vorfindlichen Gestalt unserer Welt und ihrer Lebensformen. Die Welt und unsere Gesellschaft sind in ihrer Faktizität nicht normativ, es ist nicht alles gut, sondern es gibt da auch Böses. Deshalb sind wir auf Offenbarung angewiesen. Gott offenbarte seinen Schöpferwillen in einer langen Heilsgeschichte seinem erwählten Volk Israel und durch Israel der Welt. In der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments ist uns diese Offenbarung dokumentiert; sie bleibt in dieser Gestalt normativ, bis Jesus Christus wiederkommt und wir Gott von Angesicht sehen werden (vgl. 1. Korinther 13,12). Den Schöpferwillen Gottes erkennen wir, indem wir sorgfältig hinhören auf die Bibel als sein Wort und mit den Reformatoren darauf vertrauen, dass sie in allen wichtigen Aussagen klar und mit dem menschlichen Verstand auch klar zu verstehen ist.“
Hier der erste Teil des Beitrags: