„dass ihr für den Glauben kämpft, der ein für alle Mal den Heiligen überliefert ist.“

(Judas 3)

Der nachstehende Aufruf von Jörg Schietinger, Kirchengemeinderat der Evangelischen Kirchengemeinde Esslingen-Zell und Mitglied der Fortsetzungsgruppe unseres Netzwerks, verdient volle Aufmerksamkeit und Unterstützung – nicht nur in Württemberg. Auch wenn die anderen 19 Leitungen der evangelischen Landeskirchen und die EKD rücksichtslos weitergegangen sind, bleibt für uns Gemeindeglieder die Bindung an Schrift und Bekenntnis maßgebend. (Ulrich Parzany)

Mehr als ein Zwischenruf

Zur Gesetzesinitiative von Landesbischof Gohl zur Trauung gleichgeschlechtlich liebender Paare

Die Frage war nicht „ob“, sondern lediglich „wann“. Wann (siehe dazu auch www.bibelundbekenntnis.de/ak-wuerttemberg/kippt-jetzt-auch-wuerttemberg-ein-zwischenruf-von-der-gemeindebasis/) wird der derzeit amtierende württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl eine Initiative für ein (kirchliches) Gesetz zur Einführung der Trauung gleichgeschlechtlicher Paare initiieren und forcieren. Nun ist es öffentlich so weit (www.youtube.com/watch?v=Njnb3mTwHrY)

Was ist zu fragen?

Es sind inzwischen weit gehend bekannte Argumente, mit denen Gohl und Sprecher von drei der vier Gesprächskreise der württembergischen Landessynode für dieses Gesetz plädieren. Dennoch lohnt es sich, noch einmal kurz auf diese Argumente zu schauen:

  • „Ich will nicht…“ – so beginnt Gohl sein Statement (siehe Link oben) und wiederholt das auch mehrfach im Interview. Wird eigentlich noch nach dem gefragt, was der Herr der Kirche, Jesus Christus, will, siehe z.B. Matthäus 19,4ff? Oberkirchenrat Dr. Jörg Schneider verweist in seinem Bericht auf die „christologische Mitte“ (www.elk-wue.de/fileadmin/Downloads/Wir/Synode/2024/Herbstsynode/Berichte_und_Reden/TOP_15_-_Trauung_gleichgeschlechtlich_liebender_Ehepaare__Bericht_des_OKR_-_OKR_Dr._Joerg_Schneider_.pdf ), die aber hier offensichtlich keine Rolle spielt. Christus aber ist der Schöpfungsmittler (Kol 1,15f) und demzufolge der, der die Schöpfungsordnung – ein Mann und eine Frau – eingeführt und diese nicht aufgehoben hat. Das bedeutet aber auch, dass es sich hier nicht „nur“ um eine ethische Randfrage handelt, wie gerne suggeriert wird, sondern es geht hier um eben die christologische Mitte.
  • Der Landesbischof führt ins Feld, dass das 2019 von der Landessynode beschlossene Gesetz, das die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in einem Gottesdienst unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, kaum vermittel- bzw. erklärbar sei. Besucher solcher Gottesdienste könnten nicht zwischen Segnung und Trauung unterscheiden. Damit hat er sicherlich recht. Ist es aber nicht abwegig, nun die Einführung einer gleichgeschlechtlichen Trauung u.a. damit zu begründen, dass ein schwer verständliches Gesetz, das schon 2019 bibel- und bekenntnis- und damit kirchenverfassungswidrig war, abzulösen?
  • Weiter führt Ernst-Wilhelm Gohl an, dass ja der Staat die bürgerliche Eheschließung von gleichgeschlechtlichen Paaren schon längst eingeführt habe. Berührt es nicht unangenehm, dass ein staatliches Gesetz (nicht nur, aber auch) theologische Auswirkungen auf das Handeln der Kirche haben soll? Ein solcher Satz – ausgerechnet im Jahr des 90. Jubiläums der Barmer Theologischen Erklärung – wirkt schon sehr befremdlich. Offensichtlich ist das Bündnis von Thron und Altar noch immer nicht überwunden.
  • Und schließlich nennt Herr Gohl das Allzweck-Argument „Diskriminierung“. Oberkirchenrat Dr. Jörg Schneider (siehe Link zu seinem Bericht oben) verwendet viel Mühe auf Begriffsklärungen. Das wäre auch für den gebetsmühlenartig wiederholten und inzwischen ermüdenden Begriff „Diskriminierung“ angebracht. Diskriminierung ist die Ungleichbehandlung von Gleichem. Da aber die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau nicht gleichzusetzen ist mit einer „Ehe“ von gleichgeschlechtlichen Partnern kann von Diskriminierung in diesem Zusammenhang keine Rede sein.

Insgesamt wird sich der aufmerksame Hörer bzw. Zuschauer des Statements fragen, warum Landesbischof Gohl überhaupt kein theologisches Argument bringt, das für die Einführung dieses Gesetzes sprechen könnte. Die Antwort kann doch nur lauten: Es gibt keines.

Was ist zu sagen?

Es lohnt sich, nicht nur das Statement von Ernst-Wilhelm Gohl, sondern auch die auf der Homepage der Landessynode veröffentlichten Dokumente und auch die Wortmeldungen in der Aussprache nachzulesen: www.elk-wue.de/wir/landessynode/sitzungen-der-16-landessynode/herbstsynode-2024-berichterstattung#c63378. Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, darauf umfassend einzugehen. Lediglich vier Punkte möchte ich kurz herausgreifen:

  • Immer wieder wird die „Auslegungsgemeinschaft“ genannt. Ein Begriff, der im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Homo-Segnungsgesetz vom damaligen Landesbischof July eingeführt wurde. Die Bibel werde unterschiedlich ausgelegt, was zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führe, die nicht miteinander vereinbar seien, aber eben im Rahmen der Auslegungsgemeinschaft gleichberechtigt nebeneinander stehen bleiben müssten. Es ist schon richtig, dass es biblische Stellen und Passagen gibt, wo Bibelausleger zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Bei der Frage praktizierter Homosexualität gibt es aber in der Heiligen Schrift keinen Spielraum. Selbst der Neutestamentler Prof. Dr. Udo Schnelle, dem man sicherlich keine Nähe zum Pietismus unterstellen kann, kommt zu dem Schluss: „Alle Aussagen zur Homosexualität in der Bibel sind eindeutig negativ und auch der Jude Jesus von Nazareth dürfte mit Sicherheit Homosexualität abgelehnt haben. Man kann diesem Befund negativ gegenüberstehen, nur sollte man dies als eigene politisch-moralische Meinung kundtun und nicht so tun, als sei dies die Meinung der Bibel.“
  • Oberkirchenrat Dr. Schneider betont zurecht, dass die Bekenntniswidrigkeit „das am schwersten wiegende Argument gegen die Trauung Gleichgeschlechtlicher“ ist. Leider schwächt er dieses Argument gleich ab, indem er ausführt, dass Bekenntnisse auslegungsbedürftig und auslegungswürdig sind. Führt man diese Linie konsequent weiter, werden oder können sich auch andere Bekenntnisinhalte als auslegungsbedürftig und auslegungswürdig erweisen, sofern sie dem Zeit- und Irrgeist nicht mehr entsprechen. Zudem ist nicht allein die Bekenntnis-, sondern vielmehr die Bibel- und Bekenntniswidrigkeit das am schwersten wiegende Argument. Und damit wird auch die Kirchenverfassungswidrigkeit berührt, die allerdings – bewusst oder unbewusst – unter den Tisch fällt. Der Kirchenrechtler Prof. Dr. Heinrich de Wall führt aus: „In einem solchen Fall, in dem die einen, möglicherweise sogar eine große Mehrheit in der Kirche, davon ausgehen, dass eine Neuregelung [hier: Segnung/Trauung gleichgeschlechtlicher Paare] das Bekenntnis nicht betrifft, andere aber aus der Schrift nachvollziehbar begründeten Widerspruch gerade dagegen erheben, muss das Ganze als Bekenntnisfrage behandelt werden: Denn ein Konsens darüber, was Schrift und Bekenntnis aussagen, lässt sich in diesem Fall gerade nicht feststellen.“ (www.elk-wue.de/fileadmin/Landessynode/2017/Studientag_2017/S_2017-06-24_Referat_Prof._Dr._de_Wall_-_Segnungen-Trauungen_gleichgeschlechtlicher_Paare_im_evangelische__._.pdf.
  • Zwei gleichberechtigte, aber sich völlig widersprechende Eheverständnisse soll es künftig in der württembergischen Landeskirche geben. Natürlich ist die Kirche kein Industrie- oder Handelsbetrieb. Trotzdem kann jeder ein kleines Gedankenexperiment machen und überlegen, was wohl mit einem Unternehmen geschehen würde, in dem zwei sich völlig widersprechende Unternehmensstrategien mit den entsprechenden operativen Maßnahmen völlig gleichberechtigt nebeneinanderstünden und umgesetzt würden.
  • Betont wird, dass der Gewissensschutz zentrale Bedeutung haben muss und in dem angestrebten Gesetz verankert werden soll. Wessen Gewissen soll geschützt werden? Das der Pfarrer, die Homo-Trauungen durchführen oder das der Pfarrer, die keine Homo-Trauungen durchführen? Die Vermutung liegt nahe, dass die Gewissen der Zweiteren geschützt werden sollen. Aber warum? Wenn die Eheverständnisse doch gleichberechtigt nebeneinanderstehen sollen, dürfte es doch kein Problem darstellen, wenn ein Pfarrer keine Homotrauungen durchführt. Oder doch? Abgesehen davon ist der Gewissensschutz eine Luftblase. Wer will sich denn – nach dem was Hr. Gohl in seinem Statement alles erzählt hat – wirklich darauf verlassen, dass es in drei, vier, fünf Jahren nicht wieder anders aussieht. Die Erfahrungen in anderen Landeskirchen spricht hier eine deutliche, leider traurige Sprache.

Was ist zu tun? – Ein Aufruf

  • Ich empfehle allen wachen Christenmenschen die beiden Handreichungen „Was Gott nicht segnet, kann die Kirche nicht segnen“ ( www.bibelundbekenntnis.de/wp-content/uploads/2020/11/NBB_AK-Wu%CC%88rttemberg_Handreichung-fu%CC%88r-KGR_Stand11Okt.pdf) und „Die „Regenbogenkirche“ bricht mit dem Bekenntnis“ (www.bibelundbekenntnis.de/wp-content/uploads/2024/07/Broschuere-Bekenntnis_Digitalversion_komplett.pdf) aufmerksam zu studieren.
  • Die ersten Briefe besorgter Christenmenschen an Landesbischof Gohl mit der Bitte das Vorhaben fallen zu lassen, wurden verschickt. Es ist gut, wenn ganz, ganz viele Jesusleute in Württemberg die Kirchenleitung wissen lassen, dass nicht nur das geplante Gesetz bibel- und bekenntnis- und damit kirchenverfassungswidrig ist, sondern auch das bereits 2019 von der Synode beschlossene „Homo-Segnungsgesetz.“ Somit ist der „Status confessionis“, der Bekenntnisnotstand gegeben.
  • Ob die Kirchenleitung trotzdem – mindestens billigend – in Kauf nimmt, dass noch mehr langjährige, treue Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Gemeindeglieder die Kirche verlassen werden oder ob sie damit rechnet, dass der württembergische Pietismus einmal mehr auch „diese Kröte schlucken“ wird, bleibt freilich die große Frage.

Im Advent 2024,  Jörg Schietinger, Kirchengemeinderat, Esslingen-Zell am Neckar

Der Vorsitzende des Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes, Pfarrer Dr. Johannes Reinmüller, hat in gleicher Angelegenheit am 4.12.2024 einen Offenen Brief an Landesbischof Gohl geschrieben, der den Ernst der Lage in der Württembergischen Kirche unterstreicht.