„Die Zeit des Bekennens ist gekommen“

Pfarrer Michael Czylwik, der Präses der Evangelisch-Lutherischen Gebetsgemeinschaften, hat aus aktuellem Anlass der Tagung der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen ein persönliches Wort verfasst, das wir unterstützen und hier veröffentlichen. Pfarrer Czylwik ist ehemaliges Mitglied der Westfälischen Landessynode. Er gehört zu unserem Netzwerk.


„Die Zeit des Bekennens ist gekommen“

Die Landessynode meiner Evangelische Kirche von Westfalen soll in dieser Woche ihre Kirchenordnung und ihre Trauordnung ändern. Es geht dabei darum, in Zukunft gleichgeschlechtliche Partnerschaften innerhalb der Kirche der Ehe gleichzustellen und eine kirchliche Trauung auch für gleichgeschlechtliche Paare zu ermöglichen, die nach einer erst im Jahr 2017 eingeführten Rechtsänderung in Deutschland eine staatliche Ehe eingehen können. Unterschiede hinsichtlich der Gleich- oder Verschieden­geschlechtlichkeit sollen damit in Zukunft auch in der Kirche nicht mehr bestehen.

Eine biblische Begründung wird man für eine solche weitreichende Veränderung der kirchlichen Lehre und Praxis nicht finden können. In der gesamten Heiligen Schrift findet sich, wie die EKD vor wenigen Jahren noch in einer Denkschrift festgestellt hat, keine einzige Stelle, in der praktizierte gleichge­schlechtliche Sexualität als irgendwie mit dem Willen Gottes vereinbar gesehen werden kann. Ganz im Gegenteil: An allen Stellen der Bibel, in denen das Thema ausdrücklich angesprochen wird, wird diese eindeutig als dem Willen Gottes entgegenstehend abgelehnt. So heißt es in der Bibel, dass es Gott ein Greuel ist, wenn ein Mann „bei einem Mann liegt wie bei einer Frau“ (3. Mose 18,22), und die Bibel warnt bei Verlust des Anteils am Reich Gottes vor Unzucht und praktizierter Homosexualität (1. Korinther 6,9f).

Dennoch reicht weiten Teilen der evangelischen Kirche nicht mehr die erst vor wenigen Jahren eingeführte unbiblische Praxis einer öffentlichen Segnung gleichgeschlecht­licher Partnerschaften. Nun sollen diese auch noch innerhalb der Kirche „Ehe“ genannt und mit einer kirchlichen Trauung begangen werden. Damit tastet die Kirche selbst ohne Not eine von Gott gegebene Ordnung und Einsetzung an. Ich erinnere an Martin Luther, der in seinem Bekenntnis von 1528 schreibt: „Die heiligen Orden (Ordnungen) und rechten Stiftungen, von Gott eingesetzt, sind diese drei: das Priesteramt, der Ehestand, die weltliche Obrigkeit. … (Diese sind) eitel Heiligtum und heiliges Leben vor Gott, deshalb weil solche drei Stiftungen oder Orden in Gottes Wort und Gebot gefasset sind. Was aber in Gottes Wort gefasset ist, das muß heilig Ding sein, denn Gottes Wort ist heilig und heiliget alles, das an ihm und in ihm ist.“ Nicht umsonst wird einzig die Ehe zwischen Mann und Frau ausdrücklich durch eines der zehn Gebote geschützt und bestätigt, wie übrigens auch im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

In der Kirchenordnung der EKvW soll es aber in Zukunft nicht mehr heißen: „Die kirchliche Trauung ist eine gottesdienstliche Handlung, in der … bezeugt wird, dass der Ehestand von Gott gestiftet ist und … nach seinem Willen nur durch den Tod gelöst werden soll“, sondern nur noch, „dass die Gemeinschaft der Ehe von Gott gewollt ist“. Also nicht mehr die Ehe (zwischen Mann und Frau) ist von Gott eingesetzt, sondern nur noch die ‚Gemeinschaft’ in der Ehe ist von Gott gewollt. Aus „Mann und Frau“ sind unversehens „die Eheleute“ geworden, deren Geschlecht hier keinen Unterschied mehr machen soll. Anders gesagt: aus dem Jahrtausende alten und in der Bibel fest verankerten und bestens bezeugten Institut der Ehe als einer auf lebenslange Dauer geschlossenen Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau ist unversehens etwas anderes geworden: eine sogenannte ‚Ehe für alle‘, die unbiblisch und ohne Gottes Einsetzung ist und dabei dem Wort und Gebot Gottes eindeutig widerspricht.

Man fragt sich, woher die Kirchenleitung und viele Kreissynoden und Einzelper­sonen den Mut nehmen, sich im Namen der evangelischen Kirche so unmittelbar gegen Gottes Wort und gegen die Bekenntnisse unserer Kirche zu wenden.

In der evangelischen Kirche gilt seit der Reformation unwidersprochen der Grundsatz, dass alle Fragen des Glaubens in letzter Instanz an den Aussagen der Heiligen Schrift zu prüfen und von ihr her zu entscheiden sind. Dabei gilt für ihre Auslegung der Grundsatz: die Heilige Schrift legt sich selbst aus. Keine menschliche Instanz, wie anerkannt, gelehrt oder machtvoll sie auch sei, kann sich anmaßen, gegen klare Gründe der Heiligen Schrift eine dieser widersprechende Lehre oder Praxis in der Kirche einzuführen und durchzusetzen. Das machen die Bekenntnisse der Reformationszeit unmissverständlich klar.

Dieser Grundsatz gehört zur DNA der evangelischen Kirche. Und er ist im Kirchenkampf der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts in Deutschland noch einmal besonders bedeutsam geworden und wurde in der ersten These der Barmer Erklärung fest­gehalten: „Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung erkennen“.

Genau aus diesem Grund heißt es auch im Grundartikel I. der Kirchenordnung der EKvW als deren höchstem rechtlichen Grundsatz: „Das prophetische und apostolische Zeugnis der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes ist in ihr die alleinige und vollkommene Richtschnur des Glaubens, der Lehre und des Lebens.“

Sollte die Landessynode der EKvW in dieser Woche die geplante Änderung der Kirchenordnung und der Trauordnung mit der nötigen Zweidrittelmehrheit beschließen, so würde dies unabdingbar und endgültig einen Bekenntnisnotstand in unserer Kirche herbeiführen. Alle Beteuerungen, hier gehe es ja nur um eine untergeordnete Frage ohne Bekenntnischarakter wollen den Christenmenschen nur Sand in die Augen streuen und entbehren jeglicher Grundlage. Ich möchte ausdrücklich alle Personen, die damit befasst sind, auffordern, aufzuwachen und noch einmal ernsthaft zu prüfen, ob sie diesen Schritt wirklich mitgehen wollen und vor Gott verantworten können.

Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass nach Artikel 28 der Augsburgischen Konfession alle Gemeinden und Amtspersonen, Presbyterien und  Kreissynodal­vorstände für den Fall, dass Bischöfe, Synoden oder kirchenleitende Gremien etwas lehren, ordnen oder aufrichten, was dem Evangelium widerspricht, den Befehl Gottes haben, in einem solchen Fall nicht zu gehorchen. Es ist an der Zeit, alle bisher vielleicht gut gemeinte Zurückhaltung aufzu­geben. Machen wir uns nicht mitschuldig an einem Weg der Kirche, der verheerende Folgen für unsere Kirche, für die Ökumene und für unser Volk haben wird.

Nehmen wir nicht hin und lassen wir nicht zu, dass aus unserer evangelischen Kirche ein Sodom und Gomorra werden soll. Eine Kirche, die sich vom Wort Gottes emanzipiert und eigenmächtig ein Gesetz aufrichtet, das nicht von Gottes Geist, sondern vom Zeitgeist bestimmt wird, kann nicht die Kirche Jesu Christi sein. Kann es denn eigentlich wahr sein, dass in diesem Jahr ausgerechnet am Buß- und Bettag eine Änderung der Kirchenordnung beschlossen werden soll, die zur Sünde ermutigt und Gottes Wort mit Füßen tritt? Ist nicht vielmehr an diesem Tag die Bereitschaft zur Umkehr nötig? Herr Jesus, erbarme Dich unser!

Steinhagen, den 18. November 2019

Pfr. Michael Czylwik

Präses der Ev.-Luth. Gebetsgemeinschaften     

von Stauffenberg-Straße 31

33803 Steinhagen

Telefon: 05204 / 9886693

Mail: michael [dot] czylwik [at] gebetsgemeinschaft [dot] de