Sind Kritiker homosexueller Praxis homophob?
In der Diskussion um die ethische Bewertung homosexueller Lebenspraxis wird den Kritikern immer häufiger vorgeworfen, sie seien homophob. … Ähnliches widerfährt übrigens denen, die aus theologischen Gründen den Islam ablehnen: Ihnen unterstellt man, islamophob zu sein. Homophobie bzw. Islamophobie sind inzwischen zu gern benutzten Schlagworten avanciert, die eine sachliche Auseinandersetzung über strittige Überzeugungen offensichtlich sinnlos erscheinen lassen sollen. Denn wer von einer Phobie bestimmt wird, leidet unter einer pathologischen Angststörung, die sein rationales Verhalten einschränkt, wenn nicht gar unmöglich macht. Wer homophob ist, wird von einem irrationalen Angstgefühl gegenüber Homosexuellen geleitet, weswegen ein sachliches Gespräch nicht mehr möglich ist. Es sei denn, der Betreffende lasse seine krankhafte Homophobie erfolgreich therapeutisch behandeln. Die Verwendung des Begriffs Homophobie ist bestenfalls die gedankenlose Abwehr einer missliebigen Überzeugung. Vermutlich stellt sie aber eher eine bewusst kalkulierte Diffamierung dar, mit der man Kritiker der Homosexualität in die Ecke psychisch gestörter Angsthasen stellen möchte.
So einfach aber möchte ich es meinen Kontrahenten in dieser Frage nicht machen. Ich habe keine Angst vor Homosexuellen; im Gegenteil! Wo ich ihnen begegnet bin, bin ich auf liebenswerte Menschen gestoßen, die nicht selten eine größere Sensibilität und Empathie auszeichnet als die sogenannten heterosexuellen „Normalos“. Wenn ich im Blick auf ihre Lebensweise dennoch zu gegenteiliger Auffassung gelangt bin, dann nicht aus einem Angstgefühl Homosexuellen gegenüber, sondern aus in der Bibel begründeter Einsicht heraus. Das, was mich von homosexuell Lebenden in der ethischen Einschätzung ihrer Lebensweise trennt, rührt aus einem kontroversen Bibelverständnis her. Und eben darüber müsste man zunächst streiten und herauszufinden versuchen, inwieweit die Bibel auch in ihren ethischen Aussagen zeitlos Verbindlichkeit für Christen beanspruchen kann bzw. nach welchen Kriterien ich solche Aussagen heute glaube relativieren zu können.
Pastor Klaus Jürgen Diehl
war von 1971 bis 1995 Bundeswart/Generalsekretär des CVJM-Westbundes, danach bis zu seinem Ruhestand 2008 Leiter des Amtes für Missionarische Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen. Er ist Mitglied unseres Netzwerks. Dieser Text erschien zuerst in idea Spektrum.