Gründliche Kritik ist nötig

Wolfram Quiring, Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde Dinkelsbühl, hat eine sorgfältige Kritik des Buches von Dr. Martin Grabe, Homosexualität und christlicher Glaube: ein Beziehungsdrama, 2020, formuliert. Wir veröffentlichen sie hier, weil wir die gründliche Auseinandersetzung wegen der schwerwiegenden Konsequenzen, die Grabe gefordert hat, für nötig halten.  Die beiden Autoren kennen sich offenbar seit langer Zeit. Wolfram Quiring schreibt darum in Form eines persönlichen Briefes seine „kritische Auseinandersetzung auf dem Hintergrund der biblischen Aussagen und der neueren exegetischen Literatur“.

Wer das Buch von Grabe nicht kennt und deshalb die schrittweise kritische Kommentierung nicht nachvollziehen möchte, dem sei trotzdem die sehr hilfreiche, ausführlich kommentierte Literaturliste auf den Seiten 33 – 47 zum Studium dringend empfohlen.

Sehr aufschlussreich ist z.B. dieser Hinweis aus Seite 47, der die oft wiederholte Behauptung widerlegt, die Kritik der Bibel betreffe nicht die dauerhaften homosexuellen Beziehungen, wie sie heute – von manchen – praktiziert werden: „N.T. Wright, der damalige Bischof von Durham, hält die paulinische Argumentation für schöpfungstheologisch begründet. Römer 1 mache deutlich, dass die Gottebenbildlichkeit „male plus female“ wäre. Er anerkennt unterschiedliche Perspektiven auf (Homo-)Sexualität damals und heute, erklärt aber: „As a classicist, I have to say that when I read Plato’s Symposium, or when I read the accounts from the early Roman empire of the practice of homosexuality, then it seems to me they knew just as much about it as we do. In particular, a point which is often missed, they knew a great deal about what people today would regard as longer-term, reasonably stable relations between two people of the same gender. This is not a modern invention, it’s already there in Plato. The idea that in Paul’s today it was always a matter of exploitation of younger men by older men or whatever … of course there was plenty of that then, as there is today, but it was by no means the only thing. They knew about the whole range of options there. Indeed, in the modern world that isn’t an invention of the 20th century either. If you read the recent literature, for example Graham Robb’s book Strangers, which is an account of homosexual love in the 19th century, it offers an interesting account of all kinds of different expressions and awarenesses and phenomena. I think we have been conned by Michel Foucault into thinking that this is all a new phenomena.“

Wolfram Quiring schreibt: „Mein Fazit: Wer homosexuelle Beziehungen als christlich-segnungsfähig ansieht, ist entweder nicht auf dem Stand der aktuellen theologischen Forschung, oder er stellt sich über Gottes Wort. Ich weiß, dieser Satz ist schwer verdaulich und kann lieblos-arrogant wirken. Dennoch halte ich ihn – nach gründlicher Beschäftigung – für zutreffend und meine, Liebe als Motivation zu haben. Das ist jetzt natürlich nur die eine Seite der Theologie/Erkenntnis/Wahrheit. Extrem wichtig ist dann auch die seelsorgerliche Perspektive! Und da brauchen wir sehr viel Empathie und Liebe!“                                 

U.P.